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BMBF-Forschungsschwerpunkt | Steuerung im Bildungssystem

„Evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem – Bedingungen, Prozesse und Wirkungen“ (EviS II)

Übersicht zum Forschungsprojekt EviS

Übersicht zum Forschungsprojekt EviS

News vom 22.09.2016

Studienhintergrund:

Mit dem gerade abgeschlossenen SteBis-Verbundprojekt „Evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem – Bedingungen, Prozesse und Wirkungen (EviS II)“ knüpft der Forschungsverbund aus Mainz und Münster an die Studien und Befunde der ersten Förderphase (EviS I) an. Ziel war es, aus interdisziplinärer Sicht und mithilfe unterschiedlicher methodischer Ansätze die Bedingungen, Prozesse und Wirkungen datenbasierten Handelns in der Schul- und Unterrichtspraxis zu untersuchen.

Im Rahmen der ersten Förderphase konnte gezeigt werden, dass Lehrkräfte und Schulleitungen ihr eigenes professionelles Handeln nur bedingt auf der Grundlage von Evidenzen gestalten. Dabei unterscheiden sich jedoch Schulen und ihre Akteure bezüglich ihrer Evidenzbasierung zum Teil sehr stark, und ein professioneller Umgang mit Evidenzen wird durch viele Faktoren auf den unterschiedlichen (individuellen, lehrkollegialen und schulorganisationalen) Ebenen beeinflusst.

Darauf aufbauend wurde in Evis II eine längsschnittliche, über mehrere Untersuchungszeitpunkte verteilte, Betrachtung vorgenommen, wobei ein besonderer Fokus auf die Rolle und Handlungsbedingungen von Schulleitungen, gelegt wurde. Die Studie wurde durch ergänzende vertiefende Analysen zu spezifischen Belastungsfaktoren in Schul- und Unterrichtspraxis begleitet. Diese Analysen liefern vor allem Erkenntnisse darüber, wie die Weiterentwicklung einer evidenzbasierten Schul- und Unterrichtspraxis effektiv beeinflusst werden kann.

Studiendesign:

Folgende Fragen wurden auf drei Ebenen (Organisation Schule, Schulleitung und Lehrkräfte) gestellt:

  • Wie wirken sich die organisationalen und personalen Bedingungsfaktoren über die Zeit auf das evidenzbasierte Handeln in Schulen aus?
  • Welche Rolle kommt der Schulleitung, insbesondere im Kontext des Spannungsverhältnisses verschiedener Rollen, im Rahmen evidenzbasierten Handelns zu?
  • Welche Hindernisse und Ressourcen sind bei der Umsetzung evidenzbasierten Handelns mit einem erweiterten Fokus auf spezifische Belastungsfaktoren im Schulkontext von Bedeutung?

Es erfolgte eine Fragebogenerhebung bei Lehrkräften und Schulleitungen an rheinland-pfälzischen Schulen (111 Schulen mit 1.513 Lehrkräften und 213 Schulleitungen). Vertiefende Aspekte wurden mittels Interviews (5 Schulen) und einer Tagebuchstudie erfasst (231 Referendare und Lehrkräfte).

Bisherige Analyseergebnisse:

Ergebnisse aus der ersten Förderphase haben gezeigt, dass die Einstellung der Lehrkräfte gegenüber Evidenz in einem Zusammenhang mit ihrem evidenzbasierten Handeln steht. Dieser Befund konnte mit den Daten aus der zweiten Förderphase bestätigt werden. Zudem zeigt sich, dass in Schulen, in denen nach Einschätzung ihrer Lehrkräfte eine positive Einstellung gegenüber evidenzbasiertem Handeln vorherrscht, auch häufiger evidenzorientiert gehandelt wird.

In den Analysen der Folgestudie konnten weiterhin Ressourcen identifiziert werden, die als förderliche Faktoren für Evidenzbasierung wirken. Einen substantiellen Effekt hat der sogenannte transformationale Führungsstil der Schulleitung. Dieser zeichnet sich unter anderem durch inspirierend motivierendes Verhalten, intellektuelle Stimulation des Lehrerkollegiums und ein individuelles Eingehen auf die Lehrkräfte aus. An Schulen, an denen der transformationale Führungsstil der Schulleitung von den Lehrkräften höher eingeschätzt wurde, konnte auch eine höhere Evidenzbasierung unter den Lehrkräften festgestellt werden. Ebenso konnte ein Einfluss des kooperativen Klimas in Schulen und Lehrkollegien auf die Evidenzbasierung ermittelt werden. Nehmen Lehrkräfte ihr Kollegium als kooperativ wahr bzw. wurden Kooperationen und Netzwerke zwischen den Lehrkräften gefördert, so gaben die Lehrkräfte an diesen Schulen eine höhere Evidenzbasierung an.

Darüber hinaus konnten Faktoren identifiziert werden, die für ein evidenzbasiertes Handeln hinderlich sind. Dies sind in erster Linie soziale Stressoren wie Konflikte mit den Kollegen. Bemerkenswerterweise kommt dem von vielen Lehrkräften genannten Zeitdruck eine eher untergeordnete Rolle als Hindernis für die Evidenzbasierung zu. Als bedeutender erweist sich die wahrgenommene Autonomie der Lehrkräfte. An Schulen, an denen die Lehrkräfte eine hohe Autonomie während ihrer Arbeit wahrnehmen, zeigt sich ein höheres evidenzbasiertes Handeln. Wird den Lehrkräften ein großer Handlungsspielraum gewährt, erhöht sich demnach auch die Evidenzbasierung.

Zum Abschluss des Projekts wird in einer Analyse mit mehreren Messzeitpunkten der Fragestellung nachgegangen, welchen Einfluss insbesondere die Handlungsbedingungen und die Rolle der Schulleitung sowie soziale Austausch- und Kooperationsprozesse an den Schulen auf die Entwicklung der Evidenzorientierung der Lehrkräfte ausüben.

Projektverantwortliche:

Prof. Olga Zlatkin-Troitschanskaia (Hauptverantwortliche Projektleitung Mainz)

Prof. Carmen Binnewies (Hauptverantwortliche Projektleitung Münster)

Kontakt:

troitschanskaia@uni-mainz.de

carmen.binnewies@uni-muenster.de