Experteninterview mit der Schulinspektion Hamburg
Die Koordinierungsstelle im Dialog mit Dr. Martina Diedrich zu den Erfahrungen der Schulinspektion in Hamburg
Frau Diedrich, die SteBis-Projekte, die zur Schulinspektion forschen, untersuchen für die Bundesländer Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Thüringen auch die Frage nach der Wahrnehmung und Akzeptanz des Instruments in den Schulen. Welche Erfahrung haben Sie in Hamburg bislang mit der Wahrnehmung und Akzeptanz der Schulinspektion in den Schulen gemacht?
Insgesamt trifft die Schulinspektion auf eine hohe Akzeptanz bei den Schulen. Hin und wieder kommt es vor, dass wir auf Widerstände treffen. In der Regel beziehen sich diese auf den Zeitpunkt der Inspektion, gegen den sich Schulen sperren, weil gerade eine besondere Veranstaltung (Projekttage o. ä.) ist, einige Klassen nicht vor Ort sind oder Leitungsstellen für einen längeren Zeitraum nicht besetzt sind. Wir haben deshalb Kriterien festgelegt, anhand derer die Entscheidung über eine Verschiebung getroffen werden kann (wenn zum Beispiel mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler nicht da sind), so dass es für die Schulen zumindest nachvollziehbar ist, warum wir am festgelegten Termin festhalten. In 2011 haben wir eine Zufriedenheitsstudie durchgeführt, und die Ergebnisse sind alles in allem sehr positiv ausgefallen (abrufbar unter diesem link)Gibt es bestimmte Aspekte oder Bereiche, die im Rahmen der Schulinspektion an den Hamburger Schulen als verbesserungsbedürftig aufgefallen sind? Wie reagieren die Schulen auf die Rückmeldung zu den von Ihnen identifizierten Defiziten?
In unseren Jahresberichten veröffentlichen wir regelmäßig Auswertungen über das Gesamtsystem (abrufbar unter diesem link). Dabei haben wir wiederholt aufgezeigt, dass Entwicklungsbedarf in den Schulen insbesondere in den Bereichen Personalentwicklung, Schulinterne Curriculumarbeit sowie Evaluation besteht. Im Regelfall sind sich die Schulen dieser Entwicklungsfelder bewusst, verweisen aber auch auf andere als vorrangig empfundene Aufgaben wie die Unterrichtsentwicklung oder die individuelle Lernbegleitung. Da wir den Prozess der Ergebnisverarbeitung in die Hand der Schulen und Schulaufsichten übergeben, haben wir keinen Einblick in die Maßnahmengestaltung der Schulen. Diese liegt im Rahmen der Selbstverantworteten Schule.Berichten die Inspektor/innen in Bezug auf ihren Einsatz vor Ort auch über Schwierigkeiten? Welche Schwierigkeiten werden dabei vor allem genannt?
Vereinzelt ist es in den Anfängen der Schulinspektion zu Protesten einzelner Lehrkräfte gekommen. Insgesamt ist die Aufnahme an den Schulen jedoch freundlich, wertschätzend und entgegenkommend.Im Rahmen des Bielefelder Teilprojekts berichtet Prof. Dr. Böhm-Kasper über Effekte von Nachinspektionen in Niedersachen. Auch in Hamburg finden bei schwachem Abschneiden von Schulen eineinhalb Jahre nach dem Erstbesuch Nachinspektionen statt. Als wie wirksam hat sich die Einrichtung der Nachinspektion Ihrem Eindruck nach bisher erwiesen?
Bislang sind fünf Schulen nach einem schwachen Erstergebnis nachinspiziert worden. In der Zwischenzeit waren umfängliche Unterstützungsmaßnahmen durch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) erfolgt, das heißt vor allem die Beratung bei der gemeinsamen Festlegung eines Schulentwicklungsplans mit konkreten Maßnahmen, die Vereinbarung von Kommunikations- und Entwicklungsstrukturen etc. In allen Fällen haben sich positive Veränderungen gezeigt, woraufhin die Schulen von dem Status „Schule mit besonderem Handlungsbedarf“ befreit wurden.Wie reagieren Ihrer Erfahrung nach Schulleitungen und Lehrkräfte in Hamburg auf die Durchführung von Nachinspektionen?
Die Fallzahlen sind zu gering, als dass man bereits verallgemeinerbare Aussagen treffen könnte. Mein persönlicher Eindruck ist jedoch, dass den Schulen sehr daran gelegen ist, ihre Veränderung zu dokumentieren. Sie wollen zeigen, dass sie sich in der Zwischenzeit bewegt haben und nicht mehr als Schule mit besonderem Handlungsbedarf gelten sollten.Inwiefern werden von den Schulen Unterstützungsangebote der Schulbehörde in Anspruch genommen?
Sofern eine Schule ein entsprechendes Ergebnis in der Schulinspektion erhält (die Kriterien sind eindeutig bestimmt), tritt eine Fallkonferenz zusammen, in der die Amtsleitung, die zuständige Leitende Schulaufsicht und die zuständige Schulaufsicht, das LI und die Schulinspektion vertreten sind. Sie legen gemeinsam fest, welche Maßnahmen der Unterstützung und Beratung für die Schule angezeigt sind. Diese muss die Schule verpflichtend in Anspruch nehmen. Schwerpunkte liegen im Bereich der internen Kommunikation und Qualitätssteuerung, aber auch der Unterrichtsentwicklung.Inwieweit wird erkennbar, dass die Hamburger Schulen im Nachgang der Inspektionen auch tatsächlich Maßnahmen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung einleiten?
Da wir erst am Anfang des zweiten Inspektionszyklus stehen, haben wir noch keine Erkenntnisse über die Qualität und Wirkung der eingeleiteten Maßnahmen erlangen können.Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.